In einer kleinen Horizontalverkostung, die den Rheingau etwas holzschnittartig in zwei großen Schritten von Kiedrich bis Rüdesheim durchmaß, wurden heute drei restsüße Riesling-Spätlesen aus dem Jahrgang 2010 verkostet.
2010er Rüdesheim Riesling Spätlese, Bischöfliches Weingut Rüdesheim
Sehr helles, lichtes Gold, süße Frucht in der Nase, dominant Gelbfruchtaromen. Im Mund extrem reintönige Frucht, enorme Spannung, gute Balance zwischen der fordernden, aber nicht harten Säure und der beachtlichen Restsüße, viel Spiel, das auf den zweiten Schluck auch Würze und Mineralität zeigt. Perfekte Spätlese an der Grenze zur Auslese, beste Anlagen für ein langes Leben.
APNr.: 24 068 07 11 8,5% Alc.
Bewertung: 18/20 Punkte
Preis: 12 Euro
Bezug: Bischöfliches Weingut Rüdesheim
2010er Oestricher Lenchen Riesling Spätlese, Weingut Spreitzer, Oestrich
Lichtes Gold, exotisches, expressives Fruchtbouquet. Viel Schmelz und Spiel, spürbare, von der Botrytis herrührende Bitternote, die aber angesichts der Opulenz der Fruchtsüße nicht stört, wirkt insgesamt fast etwas fruchtig-kitschig.
APNr.: 29 101 018 11 7,5% Alc.
Bewertung: 17/20 Punkte
Preis: 11,40 Euro
Bezug: Weinwelt Rheingau
2010er Rheingau Riesling Spätlese, Weingut Robert Weil, Kiedrich
Sehr hell und blass, in der Nase Rhabarberkompott, relativ schlanker Stil, etwas Mineralität, im Vergleich zu den anderen beiden Spätlesen verhalten wirkende Restsüße (sie hat angeblich 85g RZ/l ?). Der Wein schmeckt irgendwie gestört, wirkt einfach gestrickt, das Mundgefühl wird von einer heftigen Bitternote überlagert. Hier hat offensichtlich noch nicht zusammengefunden, was zusammenfinden sollte, aber ich weiß nicht, ob dies jemals geschehen wird.
APNr.: 34 003 023 11 8,0% Alc.
Bewertung: 15,5/20 Punkte
Preis: 21,30 Euro
Bezug: Weinwelt Rheingau
Eine solche Vergleichverkostung offenbart manchmal Überraschendes und Erschreckendes, wie z.B. das miserable Abschneiden der Spätlese aus dem hochrenommierten Weil'schen Weingut. Sie schmeckt eher wie ein Spätlese mit Barocketikett zu 6,90 Euro aus einem drittklassigen Nebenerwerbswinzer-Weingut, aber nicht so, wie ein Wein zu diesem Preis aus der 1. Liga daherkommen sollte - auch wenn es nur die einfache Spätlese ist, nicht die aus dem Gräfen- oder Turmberg
Sehr erfreulich dagegen die Rüdesheimer Lagen-Cuvee aus dem Weingut des Bistums Limburg (ganz früher Pfarrgut Rüdesheim, vgl meine Verkostung eines Altweines aus 1989, das nach einigen Jahren Dornröschenschlaf wohl wieder Fahrt aufgenommen hat: Unter dem Krummstab ist gut leben und Wein trinken!
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