Samstag, 3. September 2011

Brände von der Birne

Einen guten Obstbrand zu finden ist nicht einfach. Natürlich gibt es die großen Namen wie Gölles, Morand, Reisetbauer, Rochelt, Ziegler und v.a., die vor allem in der Gastronomie verbreitet sind. Auch viele Winzer und Winzergenossenschaften, die etwas auf sich halten, brennen nebenbei oder lassen brennen, wobei die Ergebnisse manchmal zwiespältiger Natur sind. Wer als Genießer für sein Geld einen guten Gegenwert haben möchte, ist gezwungen zu probieren und zu experimentieren, denn das Feld ist ziemlich unübersichtlich.

Für mich war über viele Jahre die Williams Reserv von Roner eine Art Benchmark für einen guten Birnenbrand, zumindest im Blick auf das Preis-Leistungsverhältnis. Wie die folgenden Verkostungsnotizen zeigen, gibt es durchaus Alternativen.

Hubertus Vallendar: Williams-Christ-Brand
40% vol.   27,50 Euro/0,5l
Sehr komplexe, überwältigende Nase, hochintensiv und gut definiert Birne, expressiv nuanciert, eher schlankes Mundgefühl, schmeckt härter als die Nase erwarten läßt, noch jugendlich mit Reifepotential, "intellektuell".
Bewertung: 18/20 Punkte

Roner: Williams privat 1998
43%  vol.   Flasche Nr. 285 von 1500
Eher verhaltene Nase, vollreife Birne. Im Mund sehr weich, keinerlei irritierende Härten, üppige Birnenaromatik am Gaumen, dabei letztlich etwas verwaschen.
Bewertung: 18/20 Punkte

Dirker: Köstliche von Charneau
40% vol.   20 Euro/0,5l
Klares, feinfruchtiges Birnenaroma, weniger voluminös, gut konturierte und nuancierte Frucht, eher schlank, aber sehr weich.
Bewertung: 17,5/20 Punkte

Möhl, Arbon: Williams
40% vol.  ca. 20 CHF/0,5l
Klare, reintönige Birne,  Geschmackseindruck verwaschen und eher undifferenziert, eindimensional, aber frei von Fehltönen und Härten.
Bewertung: 16,5/20 Punkte


Bei dieser Verkostung hatten die Brände von Vallendar und Roner die Nase vorn. In der Tat zeigte der Williams von der Mosel den beeindruckendsten und verführerischsten Duft, fiel dafür jedoch im Geschmacksbild etwas ab. Umgekehrt konnte die Jahrgangs-Privatreserve von Roner wegen ihres weichen und zugleich hocharomatischen Mundgefühls die etwas verhaltenere Nase kompensieren. Eine hervorragende Leistung dieses doch fast "industriell" arbeitenden Betriebes, der aber in Südtirol sicher weit vor seinen Konkurrenten Pircher und Psenner positioniert ist.  Vor Ort werden dort auch noch ältere Jahrgänge der Privatreserve (wie der hier degustierte) aus der Schatzkammer verkauft.

Gut in der Spitzengruppe mithalten konnte auch der Brand aus der Edelbrandbrennerei Dirker, die eine große Vielfalt von Bränden aus unterschiedlichen Birnensorten produziert, während der Birnenbrand aus der Schweiz doch recht zünftig daherkam.

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